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Zweinutzungsrinder in Biohaltung - was bedeutet das?

Zweinutzungsrinder sind Rinder, die sowohl zur Milch- als auch zur Fleischproduktion genutzt werden. Leben sie zusätzlich in Biohaltung, kommt die artgerechte Haltung nicht nur den Tieren zugute - auch die Rinderbauern profitieren durch vernünftige Bezahlung und die Verbraucher durch bessere Qualität und nicht zuletzt durch das gute Gefühl, dem tierverachtenden Profitstreben der Fleisch- und Milchfabriken ausgewichen zu sein.

Es muss nicht „immer mehr“ sein

Die Gewinnoptimierung in der Landwirtschaft führte zu immer größeren Betrieben mit Tierhaltung auf engstem Raum, mit Zuchtoptimierung auf einseitige, unnatürliche Leistung und zu Tierleid in großem Stil.

Fleisch und Milchprodukte verkamen zu unbeachteten Billigprodukten. Männliche Kälbchen von Milchkühen wurden zu Abfall.

Viele Verbraucher möchten für diesen Trend nicht verantwortlich sein und verabschiedeten sich vom Genuss tierischer Produkte.

Aber es geht auch anders. Nutztiere können auch heute noch artgerecht gehalten und gefüttert werden. Viele Biohöfe machen es vor. Dies geht aber nur mit mehr Arbeitsaufwand, mit weniger Tieren und dem Verzicht auf „immer mehr“. Das heißt aber auch, Fleisch und Milch wird teurer. Damit wird der Verbraucher bewusster einkaufen und diese Produkte seltener genießen.

Zweinutzungsrind auf der Weide

Keine Milch ohne Kalb

Die Geburt eines Kalbes ist der Beginn des Milchgebens. Ein Kalb braucht täglich 8 Liter Milch. Für diese Menge war das ursprüngliche Euter einer Kuh gedacht. In den letzten 100 Jahren wurde diese Leistung verdreifacht. Hochleistungskühe geben bis 26 Liter Milch am Tag. Von dieser Höchstleistung bekommt das Kalb nichts ab. Es wird von der Mutter getrennt und meistens mit Milch, angerührt aus Trockenmilchprodukten (weil billiger), ernährt. Um diese Milchleistung zu erbringen, reicht die Fütterung von Gras und Heu nicht aus. Hochleistungskühe werden daher mit Mais-Silo, Getreide- und Sojakonzentraten gefüttert. Sie dürfen nicht auf die Weide, weil sie viel zu empfindlich sind, kaum noch laufen können und wenn die Milchzusammensetzung, aufgrund natürlicher Einflüsse, wie zum Beispiel Regen, schwankt, bekommt der Landwirt Abzüge vom Milchpreis.

Was ist Heumilch?

Der Name „Heumilch“ bedeutet, dass die Kühe artgerecht das ganze Jahr durch naturnahe Fütterung versorgt werden, im Sommer mit frischen Gräsern und Kräutern und im Winter mit sonnengetrocknetem Heu.

Das Fressen von Gras und Heu sollte für Kühe eine Selbstverständlichkeit sein. Der Pansen (Magen der Kuh) ist darauf ausgelegt. Für Hochleistungskühe würde die Energie und das Eiweiß aus Gras und Heu aber nicht reichen. Außerdem ist es einfacher und billiger Mais-Silo herzustellen oder Sojaprodukte zu kaufen, als Heu zu produzieren.

Wer also Milch trinken will, die nicht von gequälten und falsch ernährten Hochleistungskühen stammt, greift beim Einkaufen am besten zur Heumilch - auch wenn das ein bisschen teurer ist.

Was versteht man unter "Mehrnutzungskühe"?

Gehörnte Mehrnutzungs-Kühe beim Biobauern

  • können älter werden
  • sind nicht auf Höchstleistung gezüchtet
  • das Kalb wird nach der Geburt nicht von der Mutter getrennt
  • männliche Kälber sind kein „Abfall“ und kommen zur Aufzucht auch wieder zu einem Bio-Bauern, der sich darauf spezialisiert hat.

Früher hat man Kühe als Zugtiere genutzt. Diese Zeit ist vorbei. Nur ein paar wenige Kuhliebhaber machen das noch oder nutzen Kühe als Reittiere und zu Fotoshootings.

Kühe als Landschaftspfleger sind aber zunehmend gefragt. Naturschutzgebiete werden häufig von Kühen abgefressen. Sie können sogar im Kampf gegen das japanische Springkraut eingesetzt werden. Ohne Beweidung würde die Flächen zuwachsen und viele Wildtiere könnten dann dort nicht mehr leben oder brüten.

Angusrinder

Im Kuhfladen entsteht hervorragendes Vogelfutter. Zum Beispiel hat die Abnahme des Wiedehopfes (Vogel) auch mit dem Fehlen der Insekten aus dem Dung der Kühe zu tun. Vielerorts sieht man gar keine Kühe mehr auf der Weide, das schränkt die Insekten- und Vogelwelt ein.

Räthisches Grauvieh

Schweizer Grauvieh am Stall

Zweinutzungskühe haben eine passable Milchleistung, setzen aber auch genügend Fleisch an, so dass die Kuh 10 bis 12 Jahre als Milchkuh eingesetzt werden kann und dann auch noch Fleischlieferant ist.

Vorteile der Haltung von Zweinutzungskühen beim Biobauer

  • Die Kälber können 3 Monate bei ihren Müttern bleiben.
  • Männliche Kälber kommen zur Bio-Aufzucht.
  • Weibliche Kühe werden an Bio-Milchbauern verkauft.
  • Der Landwirt kann mit weniger Tieren auf größerer Fläche ein besseres Leben bieten, denn Bio-Milch und Bio-Fleisch werden gut bezahlt.
  • Die Tiere müssen keine Höchstleistungen erbringen und können artgerecht mit Heu und Weide gefüttert werden.

Konsequenz für uns Verbraucher

Tun wir das, was schon lange gefordert wird: weniger Fleisch und Milchprodukte essen, dafür aber einen tiergerechten Preis zahlen. Wer noch etwas ländlich wohnt, kann sich sogar regional seinen Bio-Landwirt selber suchen.

Heidi Herrmann